info@spdschnelsen.de

Gewerbesteuerhemmnis und Körperschaftssteuerhemmnis für PV-Betrieb von Wohnungsunternehmen beseitigen

Begründung

A. Ausgangslage und Aufgabenstellung

Wohnungsbaugenossenschaften, die kommunalen Wohnungsunternehmen wie die SAGA und viele Wohnungsunternehmen sind in ihrem Geschäftsbetrieb von der Gewerbesteuer befreit, solange sie außerhalb der Vermietungsgeschäfte keine anderen – bzw. im Falle der Genossenschaften nur geringfügige andere – gewerbliche Tätigkeiten durchführen. Studien zeigen, dass 75% der Mieter und Mieterinnen ein PV-Mieterstromangebot in ihrem Gebäude befürworten und das auch nutzen würden. Mehr als 80% der Bevölkerung fordert mehr Engagement beim Klimaschutz und beim Umbau des Energiesystems. Die meisten Wohnungsunternehmen wollen etwas tun und sind bereit, entsprechende Projekte auch schon vor der offiziellen Solardachpflicht umzusetzen. Sie trauen sich aber bislang nicht, weil die Regelungen im im GewStG und KStG dies nicht bzw. nicht ausreichend ermöglichen!
Der Betrieb von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern, die von Wohnungsunternehmen vermietet werden, führt bislang zu einer Gewerbesteuerpflicht beim Gebäudeeigentümer, die eine Mieterhöhung zur Folge haben würde. Nach dem Hamburger Beschluss im Jan. 2020 und dem Berliner Beschluss zur Einführung der Solarpflicht im März 2021 ist es nun dringend notwendig, diese gravierenden Umsetzungshemmnisse zu beseitigen. Andernfalls werden viele PV-Projekte in Hamburg und Berlin nicht realisiert werden.
Hierauf weisen die Dachverbände der Wohnungsgenossenschaften (VNW, Breitner genauso wie GdW, Gedaschko) seit 2017 immer wieder hin. Es ist ein großes Ärgernis und der größte Hemmschuh für die neue Solardachpflicht in Hamburg und Berlin, da gerade hier in urbanen Räumen die meisten Menschen in Mehrfamilienhäusern leben und PV in der Regel nur mit PV-Mieterstrom Sinn macht. Nur wenn die Immobilienunternehmen auch selbst aktiv werden können, wahlweise zum Contracting, wird die Solarpflicht eine große Umsetzungsquote erfahren. Auch und gerade dann, wenn es nicht eindeutig wirtschaftlich umsetzbar ist, weil auch Klimaschutzgründe viele Wohnungsunternehmen leitet.
Die bisherigen Regelungen zur Gewerbesteuerpflicht wirken sich zudem negativ auf dringend benötigte Innovationen im Gebäudesektor aus: Kann ein Wohnungsunternehmen nicht Eigentümer und Betreiber einer Photovoltaikanlage sein, so können innovative PV-Anlagen, die inzwischen optisch hervorragend in Dächer und Fassade integriert werden können, nicht zum Einsatz kommen, da diese auch dem Schutz des Gebäudes vor Regen dienen und daher als Teil des Gebäudes im Eigentum des Wohnungsunternehmen verbleiben müssen.
Die Energieerzeugung durch Wohnungsunternehmen und Lieferung an Mieter oder Dritte einschließlich Einspeisung in das öffentliche Netz stellt nach der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung eine gewerbliche und damit schädliche Tätigkeit dar, die zum Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG) führt. Dadurch wird die gesamte ansonsten von der Gewerbesteuer befreite Vermietungstätigkeit des Wohnungsunternehmens ebenfalls gewerbesteuerpflichtig. Das ist weder im Interesse der Wohnungsunternehmen noch der Mietpreisstabilität noch des Klimaschutzes. Und ein Verlust an Steuereinnahmen für den Fiskus ist durch die Klarstellungen im Beschlussantrag

ebenso nicht zu befürchten, da es ja um potentielle St
Wohnungsunternehmen und deren möglichen Verlust geht.
Die Hamburger und die Berliner Solarpflicht im Neubau ab 2023 und im Bestand bei Dachsanierungen ab 2025 führen dazu, dass viele Wohnungsunternehmen gern Ihren Mietern attraktive und klimaschützende PV-Mieterstromangebote machen wollen und die dafür notwendigen PV-Dachanlagen auch selbst betreiben wollen. Zumindest aber nicht zwangsweise diesen Anlagenbetrieb an Dritte herausgeben wollen, sondern selbst entscheiden können, ob sie dies tun oder nicht. Dadurch können beispielsweise auch Anlagen mit geringerer Wirtschaftlichkeit umgesetzt werden. Hier besteht ein ernsthaftes Umsetzungshemmnis für die kommende Solarpflicht, nicht nur für das Bundesland Hamburg, sondern für alle Bundesländer und Kommunen, die eine Solarpflicht eingeführt haben oder planen, dies noch zu tun.
B) Gewerbesteuergesetz – Begründung für die Gesetzesänderung
Lokal erzeugter und genutzter Strom darf nicht dazu führen, dass steuerbefreite Vermietungserträge gewerbesteuerpflichtig werden. Gleichzeitig müssen allen Wohnungsunternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform alle Möglichkeiten der Stromverwendung in gleicher Weise eröffnet werden: Einspeisung, Veräußerung an Dritte, wie z. B. an Stadtwerke oder kommunale Energieunternehmen und Veräußerung an Mieter. Es bedarf dringend einer raschen Lösung der gewerbesteuerlichen Problematik im GewStG, wodurch die Erzeugung und Veräußerung selbsterzeugten Stroms aus Mieterstromanlagen und zur Wärmeversorgung genutzte KWK-Anlagen die Gewerbesteuerfreiheit der Vermietungserträge nicht gefährdet, gleichwohl aber auch Wohnungsunternehmen Gewerbesteuer für die Erträge aus dem Stromgeschäft entrichten müssen.
An Stelle der Kürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 1 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Diese sogenannte „erweiterte Kürzung für grundbesitzverwaltende Unternehmen” kann von allen Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in Anspruch genommen werden. Die erweiterte Kürzung ist wichtig, seit die Gewerbesteuer bei der Körperschaftssteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Denn durch diese Regelung können grundbesitzverwaltende Unternehmen die Gewerbesteuer vollständig vermeiden.
Die erweiterte Kürzung entfällt allerdings, wenn das Unternehmen neben der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes außer den in § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG ausdrücklich genannten noch andere Geschäfte tätigt. Dazu zählte bisher auch die Lieferung von Strom aus eigenen PV- und KWK-Anlagen.
Der vorliegende Entwurf behebt dies und führt im Sinne einer behutsamen Öffnung zwei Begrenzungen ein. Bezüglich der Erzeugung begrenzt der Entwurf die Umsetzung von PV- und KWK-Anlagen räumlich über den bereits mehrfach im Energierecht genutzten Begriff der „räumlichen Nähe“. Zudem darf die Energiemenge, die über diese Anlagen erzeugt wird, nicht wesentlich größer sein, als die Energie, die in einem Jahr innerhalb des Grundbesitzes des Wohnungsunternehmens (einschl. Haushaltsstrom, Ladesäulen etc.) verbraucht wird. So werden einerseits unverhältnismäßig große Anlagen vermieden, andererseits aber vielfältige Anlagenkonstellationen und Ansätze ermöglicht. Dieser deutlich größere Lösungsraum ist für die Entwicklung neuer, in der Breite funktionierender Geschäftsmodelle z.B. durch innovative Energieversorger aber auch durch Start-Ups dringend erforderlich.
Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Konkretisierung der Begriffe „deutlich“ und „wesentlich“ eine Überschreitung um maximal 1/3. Die Formulierung ist notwendig, um auch innovative Konzepte für Nullenergiegebäude (z.B.

Energiesprong-Ansatz) und klimaneutrale Quartiere zu ermöglichen, in denen der für Raumheizung, Warmwasser und Haushaltsstrom benötigte Strom am Gebäude selbst oder im räumlichen Zusammenhang erzeugt wird. Aufgrund der Unwägbarkeiten, die sich durch ein schwankendes Solarangebot und einen schwankenden Verbrauch ergeben, muss hier eine geringfügige Mehrproduktion von Solarstrom in einzelnen Jahren möglich sein.
Aufgrund der fehlenden Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch wird zudem Wohnungsunternehmen das Recht zugestanden, einen Teil des Stroms einzuspeisen und für das Mieterstromangebot zu anderen Zeiten wieder zurückzukaufen.
C) Körperschaftssteuergesetz – Begründung für die Gesetzesänderung im Detail
Wohnungsgenossenschaften sind im Gegensatz zu allen anderen Rechtsformen bei Wohnungsunternehmen nach der bisherigen Rechtslage in ihrem Vermietungsgeschäft bereits dann steuerfrei, wenn Einnahmen aus der Stromlieferung aus Mieterstromanlagen einen Anteil von 10 % der Gesamteinnahmen nicht übersteigen. Diese Grenze wurde zwar in einem im November 2018 vom Bundestag beschlossenen Gesetz auf 20 % erhöht, allerdings nur für Strom aus Photovoltaikanlagen, nicht für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Das muß nachgebessert werden und vor allem ohne jegliche Grenzen, die immer ein Risiko darstellen und abschreckend auf die Geschäftsführungen der Wohnungsunternehmen wirken, formuliert werden. Die Regelung von 2018 ist daher eher hinderlich als dass sie zu einer Förderung der Bereitschaft der Wohnungsgenossenschaften zur Umsetzung von PV-Mieterstromprojekten geführt hat.
Die im Antragstext enthaltenen Formulierungen für das GewStG und das KStG sind einheitlich formuliert, um hier gleiche Bedingungen für alle Wohnungsunternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform zu schaffen, die auch der Reduzierung der Komplexität der Materie dienen.
D) Hinweise zur Ausarbeitung dieser Gesetzesänderungen
Die erste Fassung wurde von der Solaroffensive Hamburg am 15.1.2021 erstellt auf der Basis der in Hamburg gemachten praktischen Erfahrungen der verschiedenen Akteure der Solaroffensive Hamburg (www.solaroffensive-hamburg.de). Der darin enthaltene Gesetzesänderungsvorschlag wurde im Zeitraum 22.1. bis 12.3.2021 einer kritischen Überarbeitung unterzogen durch Juristen und Mieterstrom-Experten der folgenden Organisationen:
Dr. Dirk Legler, Rechtsanwälte Günther, Hamburg, Spezialisten für Energierecht
Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin
GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin
Zusammen mit der Solaroffensive Hamburg setzen sich diese und weitere Organisationen für eine rasche Umsetzung der im Antragstext beschriebenen Gesetzesänderungen ein.

Antragstext

„Gewerbesteuerhemmnis und Körperschaftssteuerhemmnis für PV-Betrieb von Wohnungsunternehmen beseitigen“

(1) Ergänzung des § 9 Nummer 1 GewStG um einen neuen Satz 3 und 4 (Gewerbesteuer)

„3Satz 2 gilt entsprechend, wenn im räumlichen Zusammenhang mit dem eigenen Grundbesitz stehende Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, oder Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2498), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, betrieben oder zum Betrieb überlassen werden und die in diesen Anlagen die im Kalenderjahr erzeugte Strommenge die innerhalb des eigenen Grundbesitzes verbrauchte Strommenge nicht wesentlich übersteigt. 4Satz 2 gilt ebenfalls entsprechend für Stromlieferungen, die für die umfassende Versorgung der Letztverbraucher mit Strom auch für die Zeiten erforderlich ist, in denen kein Mieterstrom geliefert werden kann sowie für Stromlieferungen an Ladepunkte für Elektromobile auf dem eigenen Grundbesitz.“
Die bisherigen Sätze 4ff. werden jeweils um zwei nach hinten verschoben, werden also zu den Sätzen 6 ff. Der bisherige Satz 4 (und neue Satz 6) wird wie folgt angepasst (Änderungen in fett markiert):
„4 Betreut ein Unternehmen auch Wohnungsbauten, oder veräußert es auch Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, betreibt oder überlässt es auch Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, so ist Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 2, dass der Gewinn aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gesondert ermittelt wird.“

(2) Änderung des §5 Abs.1 Nr. 10 Satz 3 und 4 KStG (Körperschaftssteuer)
Bisheriger Gesetzestext:
„3Erzielt das Unternehmen Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus Anlagen, für den es unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes einen Anspruch auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags hat, erhöht sich die Grenze des Satzes 2 für diese Einnahmen auf 20 Prozent, wenn die Grenze des Satzes 2 nur durch diese Einnahmen überschritten wird. 4Zu den Einnahmen nach Satz 3 gehören auch Einnahmen aus der zusätzlichen Stromlieferung im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 6 des Energiewirtschaftsgesetzes sowie Einnahmen aus der Einspeisung von Strom aus diesen Anlagen.“
Neuer, Solarpflicht-freundlicher Gesetzestext:
„3Erzielt das Unternehmen Einnahmen aus der Erzeugung und Lieferung von Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, oder Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2498), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, und übersteigt die in diesen Anlagen im Kalenderjahr erzeugte Strommenge die innerhalb des eigenen Grundbesitzes verbrauchte Strommenge nicht wesentlich, so zählen diese Einnahmen zu den steuerbefreiten Tätigkeiten nach Satz 1. 4Zu den Einnahmen nach Satz 3 gehören auch Einnahmen aus einer Stromlieferung, die für die umfassende Versorgung der Letztverbraucher mit Strom auch für die Zeiten erforderlich ist, in denen kein Mieterstrom geliefert werden kann, sowie für Stromlieferungen an Ladepunkte für Elektromobile auf dem eigenen Grundbesitz.

Beitragteilen:

Weitere Beiträge